„Wenn wir irgendwann die Regierung stellen, dann sieht’s anders aus.“

Drei mutige PARTEI-Mitglieder stellen sich der Diskussion.
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Im Rahmen des Lehrplanthemas Politische Willensbildung ebenso wie im politischen Alltag der Bundesrepublik kommt dem Thema Parteien eine große Bedeutung zu.
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Was, wenn eine Partei –wie die Partei DIE PARTEI- diese Ziele mit satirischen, also nicht ernsthaften Mitteln verfolgt? Und sind satirische Mittel überhaupt „nicht ernsthaft“?
Wir haben, angeregt durch einen Zeitungsartikel in der Lokalpresse über das Karlsruher Gemeinderatsmitglied Max Braun (BNN 8.7.2015), drei Mitglieder der Partei DIE PARTEI, »Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative« -wenn das keine Satire ist- in unseren Unterricht eingeladen, rechtzeitig vor der Karenzzeit der Landtagswahl in diesem Jahr. Wir wollten wissen:
  • Wer bin ich und wie kam ich zur Politik und zur Partei?
  • Was sind die Ziele der Partei?
  • Warum interessieren sich junge Menschen (nicht) für Politik?
  • „Was darf die Satire?“ Gibt es Grenzen und, wenn ja, wo?
  • Was war für mich die (nicht so) beste Aktion der Partei?
  • Welche (politischen, historischen, alltäglichen ….) Personen respektiere ich und warum?
„Lachend die Wahrheit sagen“ (Horaz). „Die Wirklichkeit als Mangel dem Ideal als der höchsten Realität gegenüberstellen.“ (Schiller) „Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist. Er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.“ (Tucholsky) So klingen drei gängige Definitionen von Satire. Unsere Experten sehen sich jedoch durchaus nicht als gekränkte, sondern motivierte Idealisten und kamen vor allem über motivierende persönliche Kontakte zur politischen Arbeit in der Partei. Martin Keller, im Vollzeitberuf Datenspezialist, ist Mitglied des Bundesvorstands und Bundesschatzmeister und erläutert, medial unterstützt, Ziele und Aktionen, wobei er insbesondere auf die Karlsruher Plakataktion und ihren durchschlagenden Erfolg verweist. Innerhalb kürzester Zeit wurde bundesweit Aufsehen erregt und die Inhaltsleere des Konkurrenz-Plakates bloßgestellt. Besonderen Zuspruch erhielt die Partei dabei für das Eintreten für Babyeinhörner. Wie süüüß! Und wie dumm müssen Leute sein, die darauf hereinfallen. Möchte die Partei das diesen Leuten, oder den anderen zeigen? Nicht gezeigt wurde jedenfalls wie ein inhaltlich anspruchsvolles und für die Bevölkerungsmehrheit attraktives Plakat aussehen könnte. Konsequent wirbt demnach die Partei auch mit dem Slogan „Inhalte überwinden!“ oder „Wir sind für Europa! Wir sind gegen Europa!“ Martin Sonneborn, der Bundesvorsitzende, der seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlamentes ist, stimmt beispielsweise immer abwechselnd für eine und gegen die nächste Vorlage. Mit einer Ausnahme: bei TTIP, dem transatlantischen Handelsabkommen, stimmte er außer der Reihe zweimal mit nein. Hier gibt es offenbar einen harten inhaltlichen Kern. Inhalte zählen scheinbar doch. Prima!
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Kommunalwahl 25. Mai 2014
Arbeitsplätze, Sicherheit, Vereine, Familien, Kultur, Stadtteile, Mittelstand, Schulen, Bildung, Sauberkeit, Ehrenamt, Kinderbetreuung
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Kommunalwahl 25. Mai 2014
Nachtschattenblümchen, Soziales und so, Bier, Regenbogen, Babyeinhörner, Lichtenstein, Tanztee, Kalkutenbraten,, Waschmaschine, Kleiderallergie, Laszivkollektivismus

Eine schlechte Realität durch konsequente Übertreibung ins Absurde führen –und damit durch Kritik verbessern- oder einfach nur mit Gags und Comedy Aufmerksamkeit erzeugen? Diese Frage zog sich ausgesprochen und unausgesprochen durch die ganze Veranstaltung. Die Lieblingsaktion von Martin Keller? Der „Gras-Verkauf“ auf dem Karlsruher Marktplatz. „Wir haben das Gras auch vorher selbst im Schlossgarten gerupft und wunderten uns, dass dafür Geld bezahlt wurde. Hoffentlich hat’s keiner geraucht.“ Flankiert wird diese Aktion von einem ernsthaften kommunalen Antrag in Bonn auf probeweise lokale Entkriminalisierung von Hanf in Karlsruhe.
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Ernst beiseite – Spaß beiseite. Warum engagieren sich junge Leute trotz steigenden Politikinteresses (siehe Shell-Studie 2014) nicht in politischen Parteien, die ja alle massiv Mitglieder verlieren und kaum neue junge Mitglieder dazu gewinnen können? Diana Jäckle beruft sich auf die Shell-Studie 2014 und hat an ihrem Arbeitsplatz im Kinderkrankenhaus eine Umfrage bei Jugendlichen durchgeführt. Sie führt die Malaise auf die mangelnde Attraktivität der Parteien zurück und sieht die Partei als positives Gegenbeispiel. Sie finde viel Zuspruch bei jungen Leuten an Schulen und vor allem Universitäten. Politik soll auch Spaß machen. Warum nicht auch mal am Wahlwerbestand Eierlikör anbieten oder Babyeinhörner im Karlsruher Stadtwald auswildern (mit Bilddokumentation)? „Wir wissen was Ihr wollt!“ So der Slogan auf einem Partei-Sticker. Und das wollen junge Leute doch, oder? Einige Aktionen, bei denen das Saufen durch Übertreibung aufs Korn genommen werden soll, findet der dritte im Bunde, Andreas Schulz, ein Lehramtsstudent mit den Fächern Geschichte und Latein, gleichzeitig gut aber auch problematisch. Er behandelt die Frage nach den Grenzen von Satire. 

Satire kann und soll 
a) Empörung und Ärger verursachen 
b) die Leute zum Lachen bringen 
c) die Leute zum Nachdenken bringen 
d) die Welt (und die Menschen) besser machen

Immerhin stellt die Sauferei ja tatsächlich ein Problem auch in der Politik (und am Stammtisch) dar. Was aber, wenn manche Satire für ernst nehmen? Um Satire erkennen und ihren Weltverbesserungsansatz richtig einschätzen zu können (also Stufe c und d zu erreichen), bedarf es schließlich einer gewissen Grundhaltung sowie einer intellektuellen Mindestausstattung. Kann beides mehrheitlich vorausgesetzt werden? Die Partei ist optimistisch und tut es offensichtlich. Satire bleibt dennoch voraussetzungsreich. Das kann auch schief gehen. Die Sauferei wird ernst genommen, die Witze zu Lasten von Schwächeren gemacht oder das demokratische System ins Lächerliche gezogen und delegitimiert. Gab es das nicht bereits in der Weimarer Republik? Die Reichsfarben wurden von rechts als schwarz-rot-Senf verlacht und Reichspräsident Ebert als Sattlergeselle in Badehosen verunglimpft. Aber war das tatsächlich Satire oder nur Häme? Einer, der über alle Zweifel in
dieser Sache erhaben ist und in der Weimarer Zeit als aufrechter Demokrat gelebt hat, Kurt Tucholsky, beantwortet die Frage „Was darf die Satire?“ mit „Alles.“ Sofern es Satire ist, also die Absicht der Kritik zur Weltverbesserung dahinter steckt. In unserem Klassenzimmer wird die Frage nach den Grenzen der Satire auch juristisch beantwortet: „Wir klären vor unseren Aktionen mit unserem Rechtsanwalt ab, was uns im schlimmsten Fall passieren könnte und dann tun wir‘s. Wir freuen uns über Klagen, denn dann wird gerichtlich entschieden, was juristisch einwandfrei ist.“ Und tatsächlich hat die Partei spektakuläre gerichtliche Erfolge eingefahren, z.B. bei ihrer Nichtzulassung zur Bundestagswahl 2009 durch den Bundeswahlleiter. Hier hätte um ein Haar die Bundestagswahl wiederholt werden müssen. Dies lässt sich alles zweifelsfrei im Internet nachlesen. Die Juristen zumindest scheinen auf Seiten der Satire zu sein. Nicht so die Wähler, denn hier gelangen der 20.000-Mitglieder-Partei bisher nur bescheidene Erfolge: 1,9 Prozent der Zweitstimmen 2015 in Bremen und 0,9 Prozent 2011 in Berlin. Satire scheint doch eine elitäre Sache zu sein. Oder wird sie möglicherweise doch geschätzt (siehe Titanic mit 99.000 Auflage nach Eulenspiegel das zweitgrößte Satiremagazin Deutschlands oder der Erfolg der Heute Show mit durchschnittlich 2,7 Mio. vor allem jungen Zuschauern und einem Marktanteil von 11,5 Prozent) aber wenn’s zur Wahl kommt –mangels positiver Inhalte- nicht gewählt? Man weiß es nicht. Unterhaltungswert und Provokationspotential können sich jedenfalls sehen lassen – und führten im Falle des französischen Satire-Magazins Charlie Hebdo zu heftigen Diskussionen. Noch zittern die etablierten Parteien nicht, fragen aber schon mal an, ob man nicht auch den politischen Gegner ins Visier nehmen könne.
Bei der Frage nach den Vorbildern werden solide Werte deutlich und die Satire scheint ihre Grenzen zu finden. Man ist sich auch des Wertes der Meinungsfreiheit bewusst, wenn man weiß, dass es auch muslimische Satire gibt, in machen Länden diese aber mit der Todesstrafe bedroht ist. Meinungsfreiheit gilt genauso für die AfD, auch wenn man inhaltlich gar nicht übereinstimmt. Unter den Vorbildpersonen sind vor allem solche, die authentisch sind und ehrlich ihre Meinung sagen, auch und gerade bei Gegenwind. Es fallen die Namen Willy Brand und Helmut Schmidt, aber auch Norbert Lammert und der der Kanzlerin gerade in der gegenwärtigen Situation.
Fazit: alle Beteiligten sind zufrieden und es kann festgestellt werden: die Satire bleibt ein Eliteförderungsprojekt und damit bei der
Partei für
Arbeit,
Rechtsschutz,
Tierschutz,
Elitenförderung und
basisdemokratische Initiative
gut aufgehoben.
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vlnr Martin Keller, Andreas Schulz, Diane Jäckle mit Bernd Morlock
Bernd Morlock, 13. Januar 2016

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